Wie junge Menschen Nachrichten konsumieren: Trends, Herausforderungen
und Veränderungen

Junge Menschen informieren sich heute anders als noch vor wenigen Jahren. Klassische Medien verlieren an Bedeutung, während soziale Netzwerke zur wichtigsten Nachrichtenquelle werden. Politik und Wirtschaft rücken in den Hintergrund, Nachrichten werden oft nur noch nebenbei konsumiert und die Unsicherheit über vertrauenswürdige Quellen wächst.

Die vom Verein MISCHA (Medien in Schule und Ausbildung) in Auftrag gegebene Studie „Informationsbeschaffung und -nutzungsverhalten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ (2023) zeigt fünf zentrale Entwicklungen, die diesen Wandel prägen.

Alle Daten: n = 1000

Rückläufige Nutzung von Medien zur Information über das aktuelle Zeitgeschehen

Die Nutzung von Medien zur Information über aktuelle gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Themen ist seit 2016 stark gesunken. Dieser Rückgang in der Informationsbeschaffung betrifft sowohl soziale Medien als auch traditionelle Nachrichtenformate.

Besonders deutlich zeigt sich der Rückgang der Nutzung klassischer Medien zur Information über das Zeitgeschehen: Radio verzeichnet ein Minus von 24 Prozentpunkten, das Fernsehen verliert knapp 20 Prozentpunkte und gedruckte Tageszeitungen büßen 14 Prozentpunkte ein. Auch digitale Angebote wie Online-Tageszeitungen (-10 PP) und Nachrichten-Websites von Fernsehsendern (-5 PP) werden seltener genutzt.

Manche Menschen verzichten bewusst auf den Konsum von Nachrichten oder messen ihm nur noch geringe Bedeutung bei. Gefragt nach möglichen Gründen dafür, vermuten die Befragten vor allem ein generelles Desinteresse am aktuellen Geschehen sowie die Haltung, dass man sich bei Bedarf jederzeit online informieren kann. Auch eine überfordernde Menge an Nachrichten, negative Inhalte und fehlende Zeit werden häufig genannt. Weniger relevant erscheinen hingegen klassische Hürden wie unverständliche Texte oder ungünstige Sendezeiten.

Vergleich tägliche Informationsnutzung über das aktuelle Zeitgeschehen | 2016 vs. 2023
Frage: „Wo informieren Sie sich über das aktuelle Zeitgeschehen?“

Instagram (2016 nicht erhoben)

Radio

TikTok (2016 nicht erhoben)

Youtube (2016 nicht erhoben)

Internetauftritt /App einer Tageszeitung

Facebook

Internetauftritt eines Fernsehsenders

Laufendes TV-Programm

Tageszeitung gedruckt

Legende
2023
2016

Verschiebung der wichtigsten Informationsquellen

Soziale Medien haben traditionelle Medien als Quelle zum aktuellen Zeitgeschehen abgelöst. 44 % der Befragten nutzen Instagram täglich, weitere 35 % mindestens einmal pro Woche, um sich über Nachrichten zu informieren. Facebook, das 2016 noch die meistgenutzte Plattform war, fällt auf Platz sechs zurück und wird nur von 22 % der jungen Menschen täglich genutzt.

TikTok und YouTube sind ebenfalls bedeutende Nachrichtenquellen geworden, mit einer täglichen Reichweite von 25 % bzw. 24 %.

Traditionelle Medien haben an Reichweite verloren, wobei das Radio (27 % tägliche Nutzung) und Nachrichten-Apps von Tageszeitungen (23 %) noch relativ gut abschneiden. Fernsehen wird nur noch von 19 % täglich konsumiert und gedruckte Zeitungen spielen mit nur 15 % täglicher Nutzung eine immer kleinere Rolle.

Die Studie zeigt zudem geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen setzen stärker auf Instagram als wichtigste Informationsquelle (27 % der Frauen vs. 14 % der Männer), während Männer häufiger YouTube nutzen (14 % vs. 5 % der Frauen).

Vermutete Gründe gegen Mediennutzung
Frage: „Manche Menschen nutzen keine oder nur wenig Informationsmedien und interessieren sich nicht sehr für Nachrichten. Was glauben Sie, sind die Gründe dafür?“

Manche Menschen sind halt einfach nicht daran interessiert, was in Österreich oder in der Welt passiert.

36 %
48 %
14 %
2 %

Heutzutage muss man sich nicht regelmäßig über das aktuelle Zeitgeschehen informieren. Man kann ja jederzeit im Internet nachschauen, wenn man Informationen gerade braucht.

27 %
45 %
22 %
6 %

Es gibt viel zu viele Nachrichten, da findet man sich nicht mehr zurecht.

20 %
47 %
25 %
8 %

Man hört und liest immer nur schreckliche Inhalte.

21 %
44 %
29 %
6 %

Man braucht sehr viel Zeit, um sich gut zu informieren.

20 %
40 %
32 %
8 %

Es sind wohl keine Gesprächsthemen mit Freunden, Familie oder Kollegen.

17 %
40 %
32 %
11 %

Radio- und Fernsehnachrichten laufen immer dann, wenn man keine Zeit hat.

15 %
32 %
38 %
15 %

Die Texte in den Zeitungen sind nicht verständlich.

11 %
31 %
39 %
19 %

Diese Informationen braucht man ja ohnehin nie.

9 %
32 %
39 %
20 %
Legende
Stimme sehr zu
Stimme eher zu
Stimme eher nicht zu
Stimme gar nicht zu
Themeninteresse Vergleich: 2016 vs. 2023
Frage: „Wie sehr interessieren Sie sich grundsätzlich für die folgenden Themen?“

lokale Ereignisse, Geschehen vor Ort (2016)

lokale Ereignisse, Geschehen vor Ort (2023)

Musik (2016)

Musik (2023)

Serien & Filme (2016)

Serien & Filme (2023)

Gesundheit/Fitness (2016)

Gesundheit/Fitness (2023)

Digital-Themen, Internet (2016)

Digital-Themen, Internet (2023)

Bildung, (berufliche) Aus- und Weiterbildung (2016)

Bildung, (berufliche) Aus- und Weiterbildung (2023)

Umwelt, Nachhaltigkeit, Klimaschutz (2016)

Umwelt, Nachhaltigkeit, Klimaschutz (2023)

Wirtschaft (2016)

Wirtschaft (2023)

Innenpolitik (2016)

Innenpolitik (2023)

EU- und Außenpolitik (2016)

EU- und Außenpolitik (2023)

Lokalpolitik (2016)

Lokalpolitik (2023)

Legende
2016
2023

Abnehmendes Interesse an politischen Themen

Jugendliche und junge Erwachsene interessieren sich zunehmend weniger für politische Themen. Während 2016 noch deutlich mehr junge Menschen angaben, sich für Politik, Wirtschaft oder gesellschaftliche Themen zu interessieren, sind diese Werte stark gefallen.

Das Interesse an EU- und Außenpolitik sank um 16 Prozentpunkte, an Innenpolitik um 12 Prozentpunkte und an Lokalpolitik um 10 Prozentpunkte. Ein ähnlicher Rückgang ist bei Themen wie Bildung (-6 PP), Digital-Themen (-5 PP) und Nachhaltigkeit (-5 PP) zu beobachten.

Im Gegensatz dazu sind Unterhaltungs- und Lifestyle-Themen stabil oder sogar zunehmend interessant. Die meistgenannten Interessensbereiche sind lokale Ereignisse (81 %), Ernährung (79 %), Musik (76 %), Serien und Filme (75 %) und Gesundheit und Fitness (74 %).

Gleichzeitig fühlen sich nur noch 55 % der Befragten insgesamt gut über das aktuelle Zeitgeschehen informiert – ein Rückgang gegenüber 61 % im Jahr 2016. Besonders auffällig ist, dass sich nur 22 % gut über Innenpolitik informiert fühlen.

Nachrichtennutzung als Nebenbei-Beschäftigung

Nachrichtenkonsum ist für viele Jugendliche keine bewusste, feste Routine mehr, sondern etwas, das „zwischendurch“ passiert. 51 % der Befragten gaben an, dass sie sich vor allem während Wartezeiten oder unterwegs informieren.

Feste Zeiten für die Nachrichtennutzung – etwa beim Frühstück, in der Pause oder am Abend – werden immer seltener genutzt. Der Anteil derjenigen, die sich am Abend bewusst informieren, sank von 41 % (2016) auf nur noch 28 %. Ähnlich stark ist der Rückgang bei der Informationsaufnahme beim Frühstück (von 33 % auf 27 %) und in der Pause (von 35 % auf 24 %).

Auch das Bedürfnis, sofort informiert zu werden, ist gesunken: Nur noch 23 % der Befragten wollen unmittelbar über aktuelle Ereignisse informiert werden, für 51 % reicht es aus, im Laufe des Tages davon zu erfahren.

Die meisten Befragten schätzen, dass sie zwischen 15 und 30 Minuten pro Tag mit Nachrichten verbringen (43 %), während 20 % glauben, dass weniger als 15 Minuten ausreichen, um gut informiert zu sein.

Zeitpunkt der Informationsaufnahme
Frage: „Wann informieren Sie sich üblicherweise über das aktuelle Zeitgeschehen? Bitte geben Sie alle Zeitpunkte an, die auf Sie zutreffen.“

zwischendurch, wenn gerade Zeit ist (z. B. Wartezeiten, Haltestelle)

auf dem Weg in die Schule, Uni oder Arbeit

am Abend zu Hause

beim Frühstück

während einer Pause (in der Schule, Uni oder Arbeit)

gleich nach dem Aufstehen als Erstes in der Früh

auf dem Nachhauseweg von der Schule, Uni oder Arbeit

Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit von Informationsquellen
Frage: „Wie sehr stimmen Sie der Aussage zu?“
„Heute gibt es zwar sehr viele Möglichkeiten, sich über bestimmte Themen zu informieren, aber es fällt mir oft schwer einzuschätzen, welche Informationsquellen vertrauenswürdig und seriös sind.“
Legende
Stimme sehr zu: 23 %
Stimme eher zu: 46 %
Stimme eher nicht zu: 24 %
Stimme gar nicht zu: 6 %

Wachsende Unsicherheit bei der Bewertung von Informationsquellen

Eine große Mehrheit der Jugendlichen (70 %) empfindet es als schwierig, die Vertrauenswürdigkeit und Seriosität von Informationsquellen richtig einzuschätzen.

Gleichzeitig bleibt das Vertrauen in etablierte Medienmarken relativ stabil: 79 % der Befragten geben an, dass sie bei der Suche nach Informationen auf Medienmarken zugreifen, denen sie vertrauen – ein leichter Anstieg im Vergleich zu 2016 (+3 PP).

Trotzdem zeigt sich eine steigende Oberflächlichkeit im Nachrichtenkonsum. 78 % der Befragten geben an, dass sie einen Artikel auf Social Media nur anklicken, wenn er auf den ersten Blick ansprechend wirkt (2016: 70 %). 75 % sagen, dass die Schlagzeile entscheidend dafür ist, ob sie einen Artikel lesen (2016: 71 %).

Besonders auffällig: 66 % lesen oft nur Schlagzeilen und Kurztexte, während 57 % Nachrichten am liebsten in kurzen Videoformaten konsumieren. Gleichzeitig geben 62 % an, auch längere Texte im Internet zu lesen. Was zeigt, dass es durchaus noch Interesse an tiefergehenden Informationen gibt – allerdings unter bestimmten Bedingungen.

Junge Menschen tendieren dazu, Nachrichten nur dann aktiv zu konsumieren, wenn sie sich direkt betroffen fühlen oder das Thema persönlich relevant erscheint. Wenn andere Dinge wichtiger werden (z.B. Schule, Studium, Arbeit), verzichten 70 % über längere Zeit auf Nachrichten – ein Anstieg im Vergleich zu 2016 (65 %).

Interesse/Informationsfilterung
Frage: „Wie sehr stimmen Sie der Aussage zu?“

Ein Artikel, den ich in sozialen Medien sehe, muss mich auf den ersten Blick ansprechen, dann klicke ich ihn auch an.

25 %
53 %
17 %
5 %

Ob ich einen Artikel lese, hängt von der Schlagzeile ab.

25 %
50 %
22 %
3 %

Ich lese oft nur Schlagzeilen und Kurztexte.

19 %
47 %
26 %
8 %

Am liebsten sehe ich mir Nachrichten in Form von kurzen Videos an.

18 %
39 %
28 %
15 %
Legende
Stimme sehr zu
Stimme eher zu
Stimme eher nicht zu
Stimme gar nicht zu

Zusammenfassung

Die Ergebnisse zeigen eine klare Verschiebung im Informationsverhalten junger Menschen. Soziale Medien dominieren die Nachrichtenrezeption, während traditionelle Medien an Bedeutung verlieren. Politische und wirtschaftliche Themen rücken in den Hintergrund, während Lifestyle- und Unterhaltungsinhalte stärker gefragt sind. Nachrichten werden vor allem „nebenbei“ konsumiert und das Bedürfnis nach tiefergehenden Informationen nimmt ab.